„Kleiderkreisel“, „VintageIn“ und „Mädchenflohmarkt“: Wenn Pullis Geschichten erzählen

1 Million im Tauschfieber: Kleiderkreisel macht Collaborative Consumption zum MassenphŠnomen

Was sich zunächst abwertend anhört, entwickelte sich während des Jahres 2012 zu einem echten Internet-Hit: Second Hand. Bis vor kurzem hatte der Begriff „Second Hand“ den Ruf von einer Möglichkeit für Sozialhilfe-Empfänger, Geld zu sparen. Da die Kasse bei vielen Familien oft leer ist, hat sich das Verkaufsmodell „Second-Hand“ in vielen Haushalten schon etabliert. Doch als Jugendlicher hat man andere Ansprüche an die neuste Klamotte, als dass die Sachen schon mal getragen sein sollten. Sie sollen hip sein. Niemand anders soll sie tragen. Teuer sollen sie aussehen – aber nicht sein. Eine schier unmögliche Anforderung an ein Kleidungsstück. Diverse Second Hand-Pages im Internet haben sich diese Ansprüche zu Nutzen gemacht und ein Geschäftsmodell entwickelt, welches die Anforderungen junger Menschen nach Stil und Mode erfüllt.

Kleiderkreisel“, „VintageIn“ und „Mädchenflohmarkt“ sind drei von vielen Onlineshops, die sich mit digitalen Flohmärkten im Netz beschäftigen.  Das Basiskonzept ist einfach: Bereits getragene Kleidung wird an einen Interessenten weiterverkauft. Der Community-Gedanke ist ein nicht zu ignorierender Pfeiler ihrer Geschäftsidee. Die modeinteressierten Mitglieder sollen sich austauschen und gegenseitig anregen.

Im Detail unterscheiden sich diese drei Tauschbörse jedoch in mehreren Punkten:

Die Geschichte von „Kleiderkreisel“

„Kleiderkreisel.de“ sprengte im Jahr 2012 die Vorstellungskraft seiner Erfinder. In einem Interview mit der Zeitschrift „Glamour“ verriet Sophie Utikal, neben Susanne Richter und Martin Huber, eine der drei Erfinderinnen: „Ja, wir sind immer noch überwältigt vom Erfolg. Wir ahnten zwar, dass es etwas Großes wird, aber dass sich daraus ein richtiges soziales Netzwerk entwickelt, hätten wir auch nicht gedacht.“
Die Idee entstand auf einer Reise nach Osteuropa. Susanne und Sophie organisierten damals ihre Übernachtungen mit Couch-Surfing. Wie der Zufall es will landete sie bei Justas Janauskas, dem Erfinder der litauischen Version von „Kleiderkreisel“. Die Idee überzeugte sie! Justas unterstützte sie dabei im Hinblick auf die Programmierung. Mithilfe der sozialen Netzwerke „StudiVZ“ und „Facebook“ machten sie ihre neue Geschäftsidee publik.

Den Grund für ihren Erfolg sehen sie in dem Trend etwas mit anderen zu teilen. Bücher, CDs und Wohnung werden mittlerweile nach dem Kauf bzw. nach dem Gebrauch an einen anderen Interessenten weitergegeben oder verkauft. Das hat zum einen sicherlich einen finanziellen Hintergrund. Zum anderen aber auch das Interesse, der puren Verschwendung ein Ende zu setzen. Außerdem liegt den Erfindern viel an der guten Atmosphäre zwischen den Mitgliedern. Im Blog oder im Forum tauscht man sich aus über aktuelle Trends, Stilfragen oder „Mädchenthemen“ aus.

So läuft’s!

Doch neben der Stimmung in der Community geht es auch ums Verkaufen. So funktioniert es: Du meldest dich an, fotografierst das Kleidungsstück, welches Du verkaufen willst, lädst es in deinem Account hoch, legst Preis und Versandkosten und den Zustand des Kleidungsstücks fest, gibst die Größe, das Material und gegebenenfalls die Marke an und wartest auf Anfragen. Wenn sich jemand interessiert, schreibt er dir eine Nachricht, die in deinem Posteingang zu finden ist. Er oder sie überweist dir das Geld, du schickst es zu ihm oder ihr und sie gibt im Optimalfall eine gute Bewertung für dich ab.

„VintageIn“: Kleidung mit Charakter

„VintageIn“ unterscheidet sich vom Prozess kaum von Kleiderkreisel. Inhaltlich legt „VintageIn“ jedoch sein Augenmerk lediglich auf Vintage-Mode. Hier möchte man unverwechselbar, individuell und einzigartig sein. Dementsprechend legt man hier viel Wert auf Designerstücke von Chanel, FENDI und Hermès. Bei „VintageIn“ wird also auch schon mal gerne eine dunkelbraune Kelly-Bag mit Gold-Beschlägen für 5.500 Euro angeboten. In einem Punkt hat „VintageIn“ die Nase vor „Kleiderkreisel“: Sie entwickelten einen Dienst, der für die User die Qualitätsprüfung, das Einstellen des Artikels, den Verkauf und den Versand übernimmt.

Durch die internationale Vernetzung wird dem Verkäufer ein breit aufgestelltes Publikum garantiert. Bei besonders hochwertiger Ware besteht die Möglichkeit das Kleidungsstück, die Tasche oder was auch immer direkt an „VintageIn“ zu verkaufen.

„Mädchenflohmarkt“ und der Concierge

Die Tauschbörse „Mädchenflohmarkt“ ist, ebenso wie Kleiderkreisel oder VintageIn, eine Plattform von Modebegeisterten für Modebegeisterte. Hier werden bereits getragene Designerstücke zu akzeptablen Preisen verkauft.  Auch hier entwickelte man einen so genannten Concierge-Service, der dem Verkäufer die meiste Arbeit abnimmt – bislang kostenfrei! Wenn die Testphase dieses Zusatzdienstes jedoch endet, prophezeit „Mädchenflohmarkt“ eine höhere Provision. Im Gegensatz zu „Kleiderkreisel“ legt man hier eindeutig das Augenmerk auf Designerkleidung. So nennt man Esprit, H&M und New Yorker hier „nicht empfohlene Marken“. Sehr gerne nimmt „Mädchenflohmarkt“ Luxus- und Designerartikel, beliebte und gefragte Artikel wie It-Bags oder ausverkaufte Schuhe, Vintage Designerartikel und Artikel, die für mindestens 50€ weiterverkauft werden können. Wenn die Kleidung innerhalb von vier Monaten nicht verkauft ist, ist es dem Verkäufer überlassen, ob er das Kleidungsstück wieder zurück haben oder es für einen guten Zweck spenden möchte.

Ich habe bislang nur gute Erfahrungen mit „Kleiderkreisel“ und „Mädchenflohmarkt“ gemacht. Beide Plattformen haben sich als sehr zuverlässig und unkompliziert präsentiert. Die Mitglieder bei Kleiderkreisel.de sind fast einzigartig freundlich und die gegenseitige Sympathie ist fast spürbar.

Ob pro, oder contra Second Hand – es scheint etwas zu geben, was Fashion Victims daran fasziniert und begeistert. Vielleicht auch einfach die Tatsache, dass hier Pullis eine Geschichte erzählen.

(Foto by Caritas-Bruchsal)

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