Es ist doch irgendwie jedes Jahr dasselbe. Gegen 12 Uhr befindet sich der Puls bei ungesunden 200 Schlägen pro Minute. Im Kopf geht der Student erneut alle Fächer durch. Bei welchen Fächern könnte es kritisch werden und welcher Dozent verspricht seiner Antipathie Ausdruck zu verleihen? Um 12 Uhr nachts stürzen dann erstmal die Server ab. Nach ca. fünf Minuten erscheinen die Noten im Portal und entscheiden zwischen Sieg und Niederlage. Diesen Eindruck bekommt man zumindest, wenn man einige seiner Kommilitonen beobachtet.
Es vergehen keine zehn Minuten und die ersten Streber haben bereits ihren Notendurchschnitt bei dem Sozialen Netzwerk facebook veröffentlicht. Stolz, wie Oskar und ein Ego so groß, wie der Kölner Dom, präsentieren die Studenten ihre fabelhaften Durchschnitte. Stolz zu sein auf ein gutes Ergebnis ist durchaus legitim und erstrebenswert. Doch warum muss man seinen „Freunden“ dieses Ergebnis auf die Nase binden? Wenn sich Kommilitonen für das Ergebnis anderer Kommilitonen interessieren, werden sie danach fragen.
So tun es auch einige. Es vergehen keine fünf Minuten bis die ersten Sms eintrudeln. „Und wie stehts mit den Noten?“, „Bist du zufrieden mit deinen Noten?“ usw. Fragen wie diese werden nicht gestellt, um den anderen entweder zu trösten, oder zu loben. Das Interesse der meisten besteht darin, möglichst auf den Punkt genau, die Noten anderer Studenten zu erfahren, um diese mit ihren eigenen zu vergleichen. Hinter der netten Fassade steht also des Öfteren Berechnung und der Wunsch danach mit ruhigem Gewissen einschlafen zu können.
Viele haben solche Situationen bereits am eigenen Lieb erfahren. Und jeder kennt seine Reaktion auf derartiges Verhalten. Derjenige, der sich im Monolog selbst beglückwünscht zu seiner übergroßen Kompetenz, braucht kein Lob mehr von anderen Seiten. Nicht umsonst neigen Menschen zu dem Phänomen „Fishing for compliments“. Denn derjenige, der eher dazu neigt sein Licht unter den Scheffel zu stellen, ist zum einen sympathischer und räumt erheblich mehr Lob ab, als derjenige, der selbst sein größter Fan ist.
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