Das Drama vom Kölner Zoo und der anschließende Shitstorm

Am Samstag, dem 25. August 2012, geschah das, wovor sich viele schon Jahre lang gefüchtet haben. Die Tatsache, dass Tiger an sich in eine weite Steppe gehören und nicht in ein 100 qm-Arial, dürfte jedem bewusst sein. Dementsprechend verhaltensgestört liefen die Tiger Tag für Tag an den Fenstern entlang durch das Gehege. Ein Tiger ist  eine Raubkatze, der Menschenfleisch als Delikatesse ansieht. Wir Menschen – und damit auch die Pfleger – sind nicht fehlerfrei. Dass der Mensch bei einem Aufeinandertreffen den Kürzeren zieht, ist die traurige Konsequenz.

Die Tierpflegerin Ruth K. will um kurz vor 12 Uhr das Innengehe säubern. Dafür müssen alle fünf Tiger in das Außengehege. Das Innengehege besteht aus drei Boxen, die durch Stahl-Schiebetüren verbunden sind. Die Pflegerin schließt nach Angaben der „Bild„-Zeitung alle Luken nach außen zu, sodass kein Tiger hereinkommen kann. Dann öffnet sie die Innenluken. Warum sie den Tiger nicht gesehen hat, kann sich niemand erklären. Ein Kollege von Ruth K. sagt dem Kölner „Express“: „Einen 300 Kilogramm schweren Tiger konnte sie unmöglich übersehen haben.“

Wie auch immer es dazu kam: Altai springt Ruth K. an. „Er hat die Pflegerin umgeworfen und mit einem einzigen Biss von hinten in den Hals verletzt,“ erklärt Zoo-Vorstand Christopher Landsberg. Eine Kollegin ist nur wenige Meter entfernt, entdeckt die Verletzte, gibt einen Notruf ab. Theo Pagel, der Zoo-Direktor, erreicht der Notruf beim Einkaufen. Er eilt nach Hause, packt sein Jagdgewähr und rast zum Gehege. Als er dort angekommen ist, steigt er aufs Dach, öffnet die Luke und sieht Ruth blutend am Boden liegen. Der Einsatzleiter der Polizei erteilt die Schießgenehmigung. Pagel drückt zwei Mal ab. Der Tiger stirbt. Der Notarzt kann zu der Verletzten. Doch jede Hilfe kommt zu spät, wie sich wenige Stunden später im Krankenhaus herausstellt: Ruth K. stirbt an den Folgen des Angriffs.

Als wäre das alles nicht schon tragisch und schlimm genug, sahen Tierschützer und andere Menschen diese Situation als Anlass, um diverse Probleme in der Öffentlichkeit breitzutreten. Sowohl in sozialen Netzwerken wie Facebook, als auch auf der Homepage des Kölner Zoos beschwerten sich die Menschen, man hätte den „armen Tiger“ doch betäuben können. Man warf dem Zoo-Direktor vor, er habe das Tier umsonst!!! getötet. So schreibt eine Userin bei Facebook: „warum haben die den nicht betäubt wäre doch besser gewesen statt ih direkt zu erschießen“. Eine Andere schreibt: „Mörder….das arme Tier hätte man auch betäuben können“. Wer mein Naturell kennt, der weiß, dass ich mich hier seeehr zurückhalten musste 🙂

Zum einen handelt es sich hierbei um eine große Unverschämtheit und Beleidigung dem Direktor gegenüber. Glauben diese Menschen, dass der Direktor gerne seine Tiere erschießt? Theo Pagel musste schießen zum Schutz der anderen Menschen im Zoo – das ist seine Aufgabe als Zoo-Direktor. Zum anderen ist eine Dreistigkeit sich derartig zu äußern, nachdem dieser Tiger eine Frau tödich angegriffen hat. Ich jedenfalls empfinde Mitleid und Respekt für Theo Pagel. Er musste ein Tier töten, das ihm sicherlich am Herzen lag und er musste einer Pflegerin beim Sterben zu sehen.

Nadin Schiffer schrieb bei Facebook an die Pinnwand des Kölner Zoos: „Sehr geehrter Herr Pagel, heute muss einer der schlimmsten Tage ihres Lebens sein, sie haben eine geschätzte Mitarbeiterin auf die allertragischste Weise verloren, evtl. mussten sie sie sogar sehen, und sie mussten ein geliebtes Tier selbst töten um ggf. schlimmeres zu verhindern. Nun sind sie auch noch einer großen Menge unqualifizierter und sehr sehr respektloser Kommentare ausgesetzt – angesichts dessen fühle ich mich ‚verpflichtet‘ Ihnen mitzuteilen, dass eine große Menge der Menschen auch hinter Ihnen steht, großes Beileid und Mitgefühl für Sie empfindet und einen tiefen Respekt für SIe und ihre Entscheidung hat!“

Nadin, vielen Dank für diesen Kommentar! Er hat mir gezeigt, dass es auch Menschen mit einem gesunden Menschenverstand gibt. Über 7.500 Menschen sehen das genauso wie ich und liken den Status bis heute.

Des Weiteren wäre eine Betäubung der völlig falsche Weg gewesen, wie Christoph Landsberg erklärt: „Nein, es ging um jede Sekunde. Eine Betäubung des Tieres muss sorgfältig dosiert und geschossen werden. Das kann nicht jeder. Auch wenn wir den Tiger hätten aussperren können, hätten wir es getan.“ Selbst die Polizei hätte mit ihren alltäglichen Waffen nichts ausrichten können.

Ich schäme mich fremd für diese Leute und hoffe für sie, dass ihnen niemals so etwas passiert. Theo Pagel wird noch lange brauchen, um die Bilder aus seinem Kopf herauszukriegen. Anstatt ihn zu beschuldigen und beleidigen, sollten wir ihm danken, dass er Schlimmeres verhindert hat!

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